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Interview mit Ben Hüter, Direktor BBZ IDM

Wie war das Jahr 2020 für Sie persönlich?

Das Jahr 2020 war für mich wie für die meisten ein herausforderndes und intensives Jahr, es beinhaltete jedoch auch positive Aspekte. Zum Beispiel gab es bei uns zu Hause mehr Qualitytime in der Familie; so assen wir öfters zu viert als vorher. Im Allgemeinen bekamen persönliche Beziehungen und deren Wert eine stärkere Bedeutung für mich. Rückblickend verbinde ich das letzte Jahr somit trotz der widrigen und zeitintensiven Umstände, auch mit positiven Erlebnissen.

Es war damals aber anders als heute – eine neue Erfahrung – und man hatte bisweilen auch Musse um Dinge zu tun, die man lange nicht mehr getan hatte. Das fehlende soziale Umfeld war bald ein gravierender Einschnitt. Letztlich bin ich dankbar, dass mein Umfeld gesund geblieben ist.

 

Worauf mussten Sie wegen Covid-19 verzichten, was haben Sie dadurch gewonnen?

Gewonnen hat man vor allem Einsichten. Die Einsicht, dass unsere Welt zerbrechlicher ist als wir das alle gedacht haben oder die Einsicht, dass Vieles was wir im Alltag als «normal» ansehen, nicht selbstverständlich ist. Die schönste Einsicht war für mich, dass ich mich relativ schnell auf materiellen Verzicht einstellen konnte und wie schwer es mir aber gefallen ist, auf persönliche Kontakte zu verzichten.

Verzichten musste man auf sehr viel, das hat alle getroffen. Viele haben aber weitaus schwerere Folgen zu tragen als das bei mir der Fall gewesen ist. Für mich war insbesondere die Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen eine Belastung. Viele Freunde habe ich nun seit bald einem Jahr nicht mehr gesehen. Die Arbeit ist geprägt durch eine Art Zweiteilung. Man arbeitet auf der einen Seite für die Umsetzung der Corona-Massnahmen, auf der anderen Seite hat man seinen angestammten Job zu erledigen.

 

Als Direktor des Berufsbildungszentrum IDM hatten/haben Sie mit den sich immer wieder verändernden Massnahmen auf Bundes- resp. Kantonsebene zu tun und sind sicher im Austausch mit ausserkant. Schuldirektoren. Wie schneidet der Kanton Bern aus Ihrer Sicht im Vergleich zu anderen Kantonen ab?

Soweit ich das beurteilen kann sind inzwischen alle Kantone mehr oder weniger ähnlich unterwegs. Doch das Bild veränderte sich im Verlaufe des Jahres 2020. Gab es zu Beginn noch gravierende Unterschiede zwischen den Coronamassnahmen-Turbos und den eher zurückhaltend agierenden Kantonen, glichen sich die Lager mit der Zeit an. Der Kanton Bern hatte oft eine Scharnierfunktion zwischen den Westschweiz- und den Deutschschweiz-Kantonen. Das bedeutet, dass wir im Kanton Bern oft eine Zwischenlösung der beiden Sprachregionen gewählt haben.

 

Wo versagt/e die Schweiz, der Kanton Bern? Was hätten Sie sich anders gewünscht?

Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, dass wir erst in ein paar Jahren endgültig Bilanz ziehen können. Im Nachhinein wird man sehr wahrscheinlich sehen, dass die eine oder andere Entscheidung falsch war, oder dass sie zu spät oder zu früh getroffen wurde. Aber gerade dadurch zeichnet sich eine Krise ja aus. Man wird konfrontiert mit einer noch nie dagewesenen Situation, man muss schnell lernen damit umzugehen und einen Weg zu finden. Zu Beginn der Krise wich die anfängliche Gelassenheit in der Bevölkerung und das nicht-Ernst-nehmen der Situation, nachdem man die Gefährlichkeit des Virus akzeptiert hatte, teilweise einem überstürzten und bisweilen nicht koordinierten Handeln. Der Bund und die Kantone haben aber meiner Meinung nach insgesamt einen guten Job gemacht.

 

Wie geht es dem BBZ IDM seit Beginn der Covid-Krise?

Als wir am 16. März 2020 in den Distanzunterricht wechseln mussten, war dies ein harter Schnitt für alle Beteiligten. Die Lehrpersonen meisterten diese Situation bravourös. Aufgrund der technischen Voraussetzungen unserer Schulinfrastruktur sowie des grossen Engagements der Lehrpersonen, konnten wir den Wechsel nahtlos vollziehen. Trotzdem hatten viele Lernende Mühe mit der Situation. 20-30% aller Lernenden bekundeten, dass sie Lernschwierigkeiten während des Lockdowns im Frühling hatten. Wir alle waren froh, als wir wieder in Präsenz unterrichten konnten, obgleich die Maskenpflicht und die Schutzmassnahmen das Unterrichten erschwerten.

Der fehlende soziale Austausch beruflich und auch im privaten Bereich, abgesagte Veranstaltungen etc. führen mit der Zeit zu Ermüdungserscheinungen.

Jetzt, kurz vor den Frühlingsferien, gehen diese Ermüdungserscheinungen in eine allgemeine Erschöpfungssituation über. Wir sind uns bewusst, dass es ein Privileg ist, über eine sichere Arbeitsstelle zu verfügen und gleichzeitig haben die Coronamassnahmen, die Quarantänefälle, die Maskentragpflicht, die Teams-Sitzungen uns alle ermüdet.

 

Welche Massnahmen wurden getroffen, um das Schiff auf Kurs zu halten?

Trotz fehlenden Präsenzveranstaltungen war eine der wichtigsten Massnahmen, die Kommunikation zwischen der Schulleitung und der Lehrpersonen in jeder Situation zeitnah zu gewährleisten. In unzähligen internen Corona-Informationsmails hielten wir die Lehrpersonen immer auf dem neusten Stand der Dinge. Dies gab uns auch die Gelegenheit, die ausserordentlichen Anstrengungen, die von allen unseren Mitarbeitenden erbracht wurden, in geeigneter Form wertzuschätzen.

Lernende, die in Schwierigkeiten gerieten, konnten jederzeit auf die Unterstützung von ihren Lehrpersonen und unseren Beratungsdiensten zählen. Und immer wieder haben wir uns gegenseitig Mut gemacht, das hat geholfen.

 

Was sind die Stärken der Schweizer Bildungslandschaft?

Das Schweizer Bildungssystem ist einzigartig auf dieser Welt. Kein anderes System verfügt über eine derart durchlässige Bildungssystematik, wie das in der Schweiz der Fall ist. Die Ausgewogenheit zwischen den praxisorientierten Ausbildungen resp. der Berufsbildung und dem akademischen Bildungsweg ist vorbildlich. Nebst der Durchlässigkeit sind weitere Stichworte «kein Abschluss ohne Anschluss», Integration, Arbeitsmarktfähigkeit, Qualitätssicherung, Kompetenzorientierung und im System verankerte permanente Weiterentwicklung.

 

Was sind die Forderungen der Bildungsinstitutionen für die kurz-, mittel- und langfristige Zukunft?

Die Veränderungen in der Digitalisierung, Automation und Robotik verändern den Arbeitsmarkt nachhaltig. Diese Veränderungen muss die Berufsbildung kurzfristig in ihre Angebote integrieren. Dafür müssen geeignete Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Um die vielen Herausforderungen zu bewältigen, muss eine erweiterte Zusammenarbeitskultur zwischen den Bildungsinstitutionen herbeigeführt werden. Wissen teilen ist dabei eine der Schlüsselforderungen.

Des Weiteren müssen mittelfristig Grundvoraussetzungen für Internationalisierung und Innovationsförderung gelegt werden. In der höheren Ausbildung sollte ausserdem ein System von «gleich langen Spiessen» zwischen der akademischen Bildung und der Berufsbildung geschaffen werden.

Langfristig soll die Lehrfreiheit und auch die Teilautonomie der Bildungsinstitutionen erhalten bleiben. Eine zu starke zentrale Steuerung führt dazu, das innovatives Denken im Keim erstickt wird.

 

Warum soll sich ein junger Mensch für eine Berufslehre entscheiden?

Mit einer Berufslehre entscheidet man sich für einen praxisorientierten, zielführenden und qualitativ hochstehenden Einstieg in den Arbeitsmarkt. Die Berufsbildung in der Schweiz ist etwas Einzigartiges. Wir sollten alles dafür tun diese zu erhalten und weiterzuentwickeln.

 

Broschüren des Bildungszentrums IDM